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Konfliktfelder und Rechtsfragen in der energierechtlichen Beratung

ein Überblick über aktuelle Rechtsfragen


A. Gegenstand des Artikels
In diesem Artikel werden einige aktuelle Konfliktfelder in der Energierechtspraxis vorgestellt, die gegenwärtig (Sommer 2016) insbesondere in der aktuellen Rechtsprechung auszumachen sind. Es werden schwerpunktmäßig Rechtsfragen angesprochen, die für kleine Energieversorgungsunternehmen, Kommunen und mittelständische Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe (Energieletztverbraucher) relevant sind.

Einige Themenbereiche sind hier von vornherein ausgeklammert, weil sie einer spezialisierten Betrachtung bedürfen bzw. für die Zielgruppe dieses Artikels von geringerem Interesse sind. So wird hier das Vergaberecht grundsätzlich nicht berücksichtigt, weil es ein Thema ist, das ein zwar für die Energiewirtschaft relevantes, aber praktisch komplettes, separates Rechtsgebiet darstellt. Sollten Leser an diesem Thema dennoch Interesse haben, steht unser Kanzleiteam gern zur Verfügung.

Allerdings wird an dieser Stelle auch das recht aktuelle und oft streitige Thema der Befreiung von der EEG-Umlage nicht behandelt. Dies liegt insbesondere daran, dass dieser Artikel an Unternehmen adressiert ist, die in den Genuss der Befreiungstatbestände gar nicht kommen können. Deshalb verzichten wir auf die Behandlung dieser Thematik an dieser Stelle. Sollten Sie Fragen hierzu haben, können Sie sich dennoch auch an uns wenden.

Die in der Energiewirtschaft relevanten Fragen steuerrechtlicher Art wurden in dem Artikel ebenfalls nicht berücksichtigt, weil dies thematisch in eine steuerrechtlich fundierte Ausarbeitung gehört und nicht lediglich am Rande eines energierechtlichen Überblicks hinreichend vorgestellt werden kann.


B. Regulierung der Erlösobergrenzen für Netzbetreiber
Die Anreizregulierung, die seit 2009 die Einnahmen vieler Netzbetreiber gefährlich schrumpfen ließ, betrifft auch zahlreiche kleine Energieversorgungsunternehmen. Einige EVU sind mit der Vorgehensweise der jeweils zuständigen Regulierungsbehörden nicht einverstanden und wehren sich gegen manche Festlegungen im Rahmen der Bestimmung von Erlösobergrenzen gerichtlich. Die daraus resultierenden Rechtsstreitigkeiten sind sowohl aus dem Blickwinkel eines Einzelfalles wie auch in systematischer Hinsicht recht interessant. Deshalb werden nachstehend einige der vor Gerichten behandelten Probleme kurz geschildert.

1. Was darf die Regulierungsbehörde überhaupt?
Die Regulierungsbehörden sind Verwaltungsbehörden und damit an Recht und Gesetz gebunden. Da eine Verwaltungsbehörde auch Fehler machen kann, kann jeder Betroffene ihre Entscheidungen gerichtlich überprüfen lassen. Die Besonderheit der Tätigkeit der Regulierungsbehörden liegt aber darin, dass der Gesetzgeber ihnen in vielen Bereichen keine zu detaillierten Vorgaben machen kann, weil die Regulierungspraxis zu komplex ist, um sie in Gesetzen und Ausführungsverordnungen bis ins letzte Detail zu beschreiben. Deshalb wird im Hinblick auf die Tätigkeit der Regulierungsbehörden das Konzept des sog. Regulierungsermessens oder andererseits des sog. Beurteilungsspielraums diskutiert. Diese Konzepte werden mal synonym, mal als unterschiedliche Ausprägungen, mal wiederum als sich ergänzende Rechtsinstitute betrachtet [3]
[3] Die Rechtsinstitute des Verwaltungsermessens und des Beurteilungsspielraums unterscheiden sich in ihrer rechtswissenschaftlichen Bewertung erheblich deshalb sollten sie nicht verwechselt werden. Während das Ermessen bei der Ableitung von Rechtsfolgen an einen festgestellten und unter die gesetzlichen Voraussetzungen eindeutig subsumierten Sachverhalt durch die Behörde ansetzt, betrifft der Beurteilungsspielraum die Sachverhaltsermittlung und die Bewertung, ob ein Sachverhalt als ein gesetzlich vorgesehener Fall anzusehen ist.
.
Aus Sicht eines Praktikers interessiert letztlich, welche Entscheidungen der Regulierungsbehörde und inwiefern vor Gericht überprüft werden können. Allgemein ist festzustellen, dass im Bereich der Regulierung von Netzentgelten den Regulierungsbehörden in einigen Bereichen ein gewisses Ermessen oder Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Dies bedeutet im Einzelnen, dass:
  • die Behörde einerseits bei der Entscheidung gewisse Freiräume genießt,
  • die Grenzen dieser Freiräume allerdings in gesetzlichen Regelungen zu finden sind; die Freiheit der Behörde ist insofern klar eingegrenzt;
  • auch die Ausübung des Ermessens oder die Nutzung des Beurteilungsspielraums gerichtlich überprüft werden kann.
Das betroffene Unternehmen steht insofern nicht schutzlos da. Andererseits hat es die vom Gesetzgeber und durch die Regierung in Ausführungsverordnungen vorgesehenen Freiräume der Behörde zu akzeptieren.

So ist zum Beispiel im Hinblick auf die Festlegung der Erlösobergrenzen in § 21a EnWG der Rahmen der Anreizregulierung festgesteckt, während einige - aber nicht abschließend - Details in der Anreizregulierungsverordnung geregelt sind. Sofern die Behörde diesen Rahmen befolgt und keine Anhaltspunkte für Verstöße gegen die in diesen Vorschriften festgelegten Regeln bestehen, darf die Behörde so entscheiden, wie dies zweckmäßig und plausibel erscheint. Das Gericht ist in solchen Fällen in der Regel nicht dazu berufen, die Ausübung des Ermessens bzw. die Beurteilung des Sachverhaltes zu überprüfen.


2. Einige Einzelfragen

a. Effizienzvergleich
Kern der Anreizregulierung ist der maßgeblich in § 12 ARegV geregelte Effizienzvergleich. Die Frage, wie dieser Effizienzvergleich durchzuführen ist, ist allerdings nicht nur in der ARegV geregelt, sondern auch in den Vorgaben für die Anreizregulierung in § 21a EnWG. Demnach ist die Anreizregulierung gem. § 21a Abs. 2 S. 1 EnWG entweder durch Vorgabe von Obergrenzen für Netzentgelte oder für Gesamterlöse zu realisieren (ARegV: Gesamterlöse). Dabei sind den Netzbetreibern Effizienzvorgaben zu machen, die sich allerdings nur auf beeinflussbare Kosten beziehen dürfen (§ 21a Abs. 4 EnWG). Die Effizienzvorgabe erfolgt durch Bestimmung von individuellen oder gruppenspezifischen Effizienzzielen für Unternehmen (§ 21a Abs. 5 EnWG). Die objektiven Gegebenheiten eines Unternehmens sind zu berücksichtigen. Details regelt letztlich die ARegV in den §§ 12 ff.
Auch wenn die kurz skizzierten Regelungen auf den ersten Blick recht detailliert erscheinen, sind die beim näheren Hinsehen sehr lückenhaft. Die verbleibenden Spielräume und insbesondere der Auftrag des Gesetzgebers an die Regulierungsbehörde, das genaue Modell der Anreizregulierung erst zu entwickeln [1]
[1] Vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 15/5268, S. 120
, deuten darauf hin, dass der Behörde ein gewisser Freiraum eingeräumt wurde, die Effizienzvorgabe mit Leben zu füllen [2]
[2] So der BGH im Beschluss vom 21. 1. 2014 – EnVR 12/12 (Stadtwerke Konstanz), in dem er sich argumentativ massgeblich auf den Auftrag zur Entwicklung des Regulierungsmodells durch die Behörde stützt, vgl. Rn. 23 des Beschlusses.
. Daraus folgt, dass das Gericht lediglich die Frage überprüft, ob die nähere Ausgestaltung des Effizienzvergleichs nachvollziehbar ist. Konkret entscheidend sei hier, dass die Behörde wissenschaftlich anerkannte Ansätze wählt [4].
[4] Grüneberg, in RdE 2016, 51.
Ist insofern die Wahl der Methode nicht zu beanstanden und werden hiergegen keine erheblichen Einwände vorgetragen, hat das Gericht die Modellierung im Detail nicht zu überprüfen.

Schlussfolgerung für die Praxis: Ein Rechtsstreit gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörde im Bereich der Regulierung von Erlösobergrenzen erscheint nur dann sinnvoll, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür existieren, dass die Behörde bei der Wahl der Berechnungsmethoden o. ä. Fehler gemacht hat.

b. Qualitätsvorgabe
Die in den §§ 18 ff. ARegV geregelte Qualitätsvorgabe für die Regulierungsformel ist ähnlich zu sehen, wie die Rechtslage in Bezug auf die Effizienzvorgabe. Die im Beschluss des BGH vom 22. 7. 2014 [5]
[5] Beschluss vom 22. 7. 2014 – EnVR 59/12, nachzulesen unter lexetius.com.
gemachten Feststellungen zeigen auch hier deutlich, dass die hohe Regelungsdichte dennoch Spielräume belassen, die einer gerichtlichen Überprüfung entzogen sind [6]
[6] Vgl. hierzu auch Grüneberg, in RdE 2016, 51/52.
.

c. Ermittlung der Kostengrundlage für die Festlegung der Erlösobergrenze
Die Frage der Handlungsspielräume für die Regulierungsbehörden stellt sich auch im Hinblick auf die Ermittlung der Werte von Anlagevermögen gemäß der StromNEV und GasNEV. Ferner ist die Berechnung der Zinssätze sowie der kalkulatorischen Kosten für Kapital oder Steuern eine Frage, die von Gerichten immer wieder überprüft wird.

Sofern sich die Regulierungsbehörden an die gesetzlichen Vorgaben bzw. an die Bestimmungen der Ausführungsverordnungen (ARegV, StromNEV, GasNEV) halten, können sie den ihnen eingeräumten Spielraum ohne Möglichkeit einer gerichtlichen Beanstandung nutzen. So hat zuletzt das OLG Düsseldorf [7]
[7] Beschluss v. 21. 1. 2016 – VI-Kart 33/14 (V), zu finden in RdE 2016, 242 ff.
unter anderem festgestellt, dass:
  • die Tagesneuwerte für betriebsnotwendige Anlagegüter i. S. d. § 6 Abs. 3 S. 2 GasNEV mithilfe von Preisindizes ermittelt werden können, die in § 6a Abs. 1 GasNEV vorgesehen sind; sofern die Behörde eine Vorgabe aus der Verordnung befolgt, ist grundsätzlich auch kein Raum für die Überprüfung, ob die in der Verordnung herangezogenen Indizes rechtmäßig sind – die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Rechtsverordnung durch ein ordentliches Gericht ist ohnehin nur sehr begrenzt möglich;
  • die Zinssätze für das die Eigenkapitalquote übersteigende Anteil des Eigenkapitals (sog. EK II) können mithilfe der Umlaufrenditen berechnet werden, wie sie durch die Deutsche Bundesbank veröffentlicht werden; auch diesbezüglich gilt, dass die Überprüfung der durch die Bundesregierung in der Verordnung festgelegten Regeln sich im Rahmen der Verordnungsermächtigung bewegt und damit nicht beanstandet werden kann, sofern die Rechtsanwendung fehlerfrei erfolgte.



C. Konzessionsverfahren
(Kommunen / Versorgungsunternehmen)


D. Kommunale Unternehmen
Ein aus aktuellem Anlass diskutiertes Thema steht im Zusammenhang mit dem Urteil des VG Köln vom 25. 2. 2016 − 13 K 5017/13, in dem die Frage des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen eines kommunalen Netzbetreibers diskutiert wird.

Das Gericht verweigert insgesamt den Schutz von Informationen, in die der Kläger im Verfahren Einsicht nehmen wollte, aus mehreren Gründen:
  • weil sich ein Energieversorgungsunternehmen auf den verfassungsrechtlichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht berufen, wenn es als juristische Person in staatlicher Hand auftritt, denn es ist dann nicht grundrechtsfähig i. S. d. Art. 12 GG ist;
  • weil im Übrigen typische öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrgenommen werden, so dass das Unternehmen nicht wie bei einem privaten Dritten mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt auftritt;
  • weil der Betrag der Mehrerlösabschöpfung (um die es dem Kläger ging) kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstellt;
  • weil aufgrund der Besonderheiten des Energienetzmarktes ein Wettbewerbsvorteil ausgeschlossen ist; wegen des sog. "natürlichen Monopols" ist keine ernsthafte Wettbewerbslage zu erkennen; deshalb können "Wettbewerber" keinen Wettbewerbsvorteil aus der Kenntnis etwaiger Geschäftsgeheimnisse erhalten.



E. § 315 BGB und sonstige Fragen der Preisanpassungen




F. Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem EEG




G.




H. Vertrags- und sonstige Gestaltung im Energierecht




I. Überblick über die aktuellen Veröffentlichungen
Einen Überblick über die in Zeitschriften aktuell abgedruckten Gerichtsurteile und Meinungen aus dem Schrifttum finden Sie im folgenden Artikel.



CategoryEnergierecht
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