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Rechtscharakter der Europäischen Verbünde für territoriale Zusammenarbeit

Untersuchung der Rechtspersönlichkeit des EVTZ

A. Allgemeines
Die EVTZ sind juristische Personen (Art. 1 Abs. 3 EVTZ-VO) die für die Erleichterung und Förderung der territorialen Zusammenarbeit aus mindestens einem EU-Mitgliedstaat mit einem anderen EU-Mitgliedstaat oder mir einem Drittstaat (Art. 1 Abs. 2 EVTZ-VO) konzipiert worden sind. Dies ist schon deswegen von Bedeutung, dass zum ersten Mal ein unionales Kooperationsinstrument für öffentliche Einrichtungen eigene Rechtspersönlichkeit hat (anderes als z.B. die nur teilrechtsfähige EWIV).
Allerdings bestehen wesentliche Zweifel über die Einordnung der Rechtspersönlichkeit der Verbünde. Man variiert zwischen der unionsrechtlichen und nationalrechtlichen Rechtspersönlichkeit. Ferner ist die Qualifikation der Verbünde als öffentlich-rechtliche bzw. privatrechtliche Person offen.

B. Erwerb der Rechtspersönlichkeit
Die Rechtspersönlichkeit erwirbt der EVTZ Rechtspersönlichkeit mit der Eintragung ins Register oder mit dem Tag der Veröffentlichung der Satzung des EVTZ, je nachdem, was zuerst eintritt (Art. 5 Abs. 1 EVTZ-VO). Diese Rechtspersönlichkeit erlaubt, dass der EVTZ im täglichen Geschäftsverkehr im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Verträge abschließt, Rechte und Pflichte erwirbt und damit das "Projekt-Geschäft" unabhängig von seinen Mitgliedern betreibt.
Über die Notwendigkeit der Registrierung und/oder Veröffentlichung entscheidet das Recht des Sitzstaates des künftigen EVTZs.

1. Rechtslage in Polen
Nach polnischem Recht unterliegen die EVTZ mit satzungsmäßigem Sitz in Polen der Registrierung in einem EVTZ-Register (Art. 8 Abs. 1 polEVTZG). Das EVTZ-Register wird vom für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Minister geführt (Art. 7 Abs. 2 polEVTZG). Die Details wurden in einer entsprechenden Rechtsverordnung des Außenministers festgelegt. Mit dem Tag der Registrierung erlangen die EVTZ ihre Rechtspersönlichkeit (Art. 8 Abs. 2 polEVTZG).
Die Übereinkunft und die Satzung der in Polen ansässigen Verbünde werden in Monitor Sądowy i Gospodarczy veröffentlicht (Art. 13 polEVTZG).

2. Brandenburg
Dagegen hat das Land Brandenburg diesbezüglich in der Verordnung über die Zuständigkeit zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) im Land Brandenburg keine Vorschriften diesbezüglich getroffen. Damit ist Art. 5 EVTZ-VO unmittelbar anwendbar, sodass die ev. Registrierung oder Veröffentlichung für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit maßgeblich ist.

C. Unionsrechtliche oder nationalrechtliche Rechtspersönlichkeit
Die Verfasser der Analyse "Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit" vertreten die Ansicht, dass es sich ohne weiteres um die Rechtspersönlichkeit des europäischen Unionsrechts handelt (EVTZ, 2007, s. 82). Diese Meinung wird durch weitere Autoren in der rechtswissenschaftlichen Literatur bestätigt (ObwexerEVTZAlsNeuesIntrument, S. 51 und 66; TabakaDietrich2010, S. 286). Dafür spricht, dass es sonst nicht notwendig gewesen wäre, dem EVTZ die Rechtspersönlichkeit in Art. 1 Abs. 3 zu gewähren, wenn dies nach dem nationalen Recht bereits erfolgt hätte. Darüber hinaus wäre die Bestimmung von Art. 1 Abs. 4 EVTZ-VO nicht erforderlich, wenn das nationale Recht über den Umfang der Rechtspersönlichkeit entscheiden würde. Letztlich wäre auch Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 EVTZ-VO obsolet, wenn der EVTZ nationalrechtliche Rechtspersönlichkeit erlangen würde. Da er als Körperschaft des Sitzstaates zu behandeln ist, bedeutet dass er keine solche ist (ObwexerEVTZAlsNeuesIntrument, S. 51). Des Weiteren gehen davon die meisten Regelungen der deutschen und österreichischen Bundesländer aus, welche - wie Brandenburg - keine Bestimmungen über den Erwerb der Rechtspersönlichkeit getroffen haben. Damit entscheidet alleine Art. 5 Abs. 1 EVTZ-VO über den Erwerb einer unionsrechtlichen Rechtspersönlichkeit. Dies stellt allerdings polnische Regelungen (insb. Art. 8 Abs. 2 polEVTZ).
Dagegen gehen Pechstein und Deja vom Standpunkt aus, dass dieser Rechtsstreit keiner Entscheidung bedarf. Die Bestimmung in Art. 1 Abs. 3 EVTZ diene ausschließlich der einheitlichen Behandlung von EVTZ als einer juristischen Person in allen EU-Mitgliedstaaten (PechsteinDejaEuR2011, S. 364-365).

Für die europarechtliche Rechtspersönlichkeit sprechen noch weitere Argumente. Nach der EuGH-Entscheidung vom 2.5.2006 (C-436/03), Slg. I-3767 nam solle von einer unionsrechtlichen Rechtspersöblichkeit ausgehen, wenn folgende Merkmale gegeben sind:
  • die Rechtspersönlichkeit wurde im EU-Recht angeordnet (insbesondere, wenn sie aus einer unmittelbar anwendbaren Rechtsverordnung resultiert; dem steht nicht entgegen, dass subsidiäre Anwendung von nationalen Vorschriften der Sitzstaates zur Anwendung angeordnet wird);
  • es wird spezifisches Gründungsverfahren vorgesehen;
  • die juristische Person mit den des nationalen Rechts des Sitzstaates gleich zu behandeln ist;
  • der Sitz kann von einem Mitgliedstaat in einen anderen ohne die Auflösung und Neugründung verlegt werden (Urteil des EuGH vom 2.5.2006 (C-436/03), Slg. I-3768, Rn. 41-43).


CategoryEVTZAnalysen
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